|
Gespräche
über Gott und die Welt
-
beim
Treffen der Gehörlosengemeinde in Chemnitz
Himmlische Ruhe herrscht in den alten Mauern des Pfarrhauses der Schloßgemeinde in Chemnitz. Doch der Schein täuscht
wieder einmal. Nicht Ruhe herrscht, sondern lebhafte Gespräche sind im
Gang. Gespräche, die akustisch nicht wahrnehmbar sind. Wie bei vielen
Gehörlosentreffen wird sich hier beim monatlichen Sonntagsgottesdienst der
evangelischen Gehörlosengemeinde in der nur visuell sichtbaren DGS, der
deutschen Gebärdensprache, unterhalten. Der Gottesdienst, der seit vielen
Jahren speziell für Gehörlose und Schwerhörige in Chemnitz stattfindet,
beginnt, indem Pfarrer Matthias Kaube mit
Gebärden die Anwesenden begrüßt. Alle sind hier herzlich willkommen: alt
und jung, Kind und Rentner, Gehörloser und Hörender.
Gemeinsam wird nun das erste Lied gebärdet. “Großer Gott, wir
loben dich” erschallt es lautlos. Viele der ca. 25 Gehörlosen und Schwerhörigen
sind der DGS mächtig und stimmen mit in den “Gesang” ein. Einige ältere
Leute haben keine Gebärdensprache gelernt. Noch bis in die 70er Jahre war
diese nicht als gleichberechtigte Sprache anerkannt und wurde somit auch
nicht in den Schulen unterrichtet. 1880 wurde es den Gehörlosen im
Kaiserreich sogar verboten sich in ihrer eigenen Sprache, die spöttisch als
“Affensprache” bezeichnet wurde, zu unterhalten.
Wieder wenden sich alle Blicke auf Pfarrer Kaube,
der mit seiner Predigt beginnt. Gespannt folgen alle Augen seiner Auslegung
des Bibeltextes.
Viele Gehörlose aus Chemnitz und Umgebung gehen gern zum Gehörlosengottesdienst,
der finanziell vom Kirchenbezirk Chemnitz, der Landeskirche und durch
Spenden unterstützt wird. “Nur selten gibt es in den eigenen
Heimatkirchgemeinden Angebote für gehörlose Menschen.”, so ein schwerhöriger
Mann, der die Gehörlosengemeinde regelmäßig besucht. Aus diesem Grund sind
viele dankbar für den beim anschließenden Kaffee trinken möglichen
Erfahrungsaustausch.
In unbegreiflich schnellem Tempo werden nun die neusten
Nachrichten, Probleme, Sorgen und Erlebnisse über die Tische hinweg
ausgetauscht.
Bei Kaffee und Kuchen nimmt sich der in der Kirchgemeinde Auerswalde tätige Pfarrer Matthias Kaube
Zeit für jeden. Es herrscht ein familiäres und herzliches Verhältnis
untereinander.
Trotz tempramentvoller Gespräche über
Gott und die Welt herrscht immer noch himmlische Ruhe im Pfarrhaus der Schloßgemeinde- eine Wohltat für Geist und Seele in der
sonst so lauten Welt des 21. Jahrhunderts.
|